Für lange Zeit galt ISDN als der Standard, wenn es um qualitativ hochwertige Telefonie für Unternehmen ging. Mit der Abschaltung von ISDN und Primärmultiplex (PMx) und der Umstellung der Telefonie auf All-IP, kam es jedoch zum großen Wandel. Neben All-IP und SIP-Trunks fallen nun Begriffe wie Next Generation Networks (NGN) oder Unified Communications & Collaboration (UCC). Gemein haben Sie die Zusammenführung verschiedener Dienste und Anwendungen auf Basis eines einheitlichen Standards, dem Internetprotokoll (IP). Netzwerkdienste, Telefonie und die Übertragung verschiedener digitaler Medien werden auf diese Weise eng miteinander verbunden und teilen sich eine gemeinsame IT-Infrastruktur.

Im nachfolgenden Artikel erläutern wir die Hintergründe und stellen die Technologie und die Vorteile für Geschäftskunden vor. Er steht Ihnen auch als Whitepaper zum Download zur Verfügung.

Was ist also All-IP?

IP steht für das Internetprotokoll, einem Netzwerkprotokoll, welches Datenpakete in einem verbindungslosen, paketorientierten Netzwerk adressiert und vermittelt. Dafür haben alle Endgeräte im Netzwerk eine eindeutige IP-Adresse.

All-IP bedeutet daher schlicht dass alles über das Internet, genauer gesagt über das Internetprotokoll erfolgt. Im Zuge der All-IP-Umstellung wurden Telefonie und weitere Dienste von früheren Technologien wie ISDN oder analoger Telefonie in IP-basierte Netzwerke und das Internet umgezogen. Ein anderes Schlagwort in diesem Zusammenhang ist Next Generation Network (NGN), zu deutsch das "Netzwerk der nächsten Generation".

Das Ziel ist ein einheitliches Netzwerk, welches Dienste und Programme in sich vereint, die vorher auf verschiedene Netze und Übertragungswege verteilt waren. Darunter fallen neben Telefonie zahlreiche weitere Dienste, wie z.B. Chat, Fax, Video- und Datenübertragung. Auch der zentrale Zugriff auf gemeinsam genutzte Programme fällt darunter, wie z.B. ein CRM-System zur Verwaltung von Kundendaten. Bei der Zusammenführung all dieser Dienste spricht man auch von Unified Communications & Collaboration (UCC), zu deutsch vereinheitlichte Kommunikation & Zusammenarbeit.

Was ist ISDN?

ISDN steht für „Integrated Services Digital Network“ bzw. „Integriertes Sprach- und Datennetz“. Dabei handelt es sich um einen internationalen Telekommunikations-Standard, der in Deutschland Ende der 80er Jahre eingeführt wurde. Im Gegensatz zur früheren analogen Technik konnten durch Digitalisierung der Telefonie bei ISDN zwei Verbindungen gleichzeitig aufgebaut werden. Außerdem konnten per ISDN auch andere Dienste wie Fernschreiben (Telex), Fax oder Datenübertragung genutzt werden.

Worin unterscheiden sich All-IP und VoIP?

Voice over IP (VoIP) steht wörtlich übersetzt für die Sprachübertragung über das Internetprotokoll. Damit zeigt sich schon, dass VoIP einen Teil von All-IP darstellt, zusammen mit vielen weiteren IP-basierten Diensten.

VoIP bezeichnet die IP-basierte Telefonie über das Internet und ist inzwischen der Telefonie-Standard, sowohl für Privat- als auch Geschäftskunden. Das Session Initiation Protocol (SIP) ist das am weitesten verbreitete Verbindungsprotokoll für IP-Telefonie. SIP-basierte Telefonanschlüsse, sogenannte SIP-Trunks, können in IP-fähigen Telefonanlagen registriert werden und ersetzen die bisherigen ISDN- und PMx-Anschlüsse. Mit einem SIP-Trunk lassen sich über einen einzigen Zugang mehrere Rufnummern komprimiert in einem durchwahlfähigen Rufnummernblock einsetzen.

Was ist PMx?

Als Primärmultiplexanschluss (kurz PMx, PMxAs, E1, S2M oder PRI) wird ein mit ISDN verwandter digitaler Telefonanschluss mit mehreren Kanälen bezeichnet. Diese durchwahlfähigen Anlagenanschlüsse waren wesentlich teurer als ein ISDN-Basisanschluss und wurden aufgrund der hohen Anzahl an Sprachkanälen vorrangig von Unternehmen genutzt.

Was ist bei All-IP zu beachten?

Wie bei allen IT-Projekten, die für Unternehmen strategisch von Bedeutung sind, gilt es, sich einen Überblick über die vorhandene IT- und TK-Infrastruktur zu verschaffen. Die Grundlage für IP-basierte Telefonie und alle weiteren IP-basierten Dienste bilden die IT-Infrastruktur des Unternehmens sowie eine ausreichend dimensionierte Internetanbindung.

Netzwerkeinstellungen

All-IP nutzt die IT-Infrastruktur des lokalen Netzwerks (LAN), um alle Geräte, wie IP-Telefonanlage und IP-Telefone, zu betreiben. Endgeräte und Dienste können standortunabhängig und flexibel über das Netzwerk angebunden und eingesetzt werden.

Entsprechend wichtig ist es, dass die IT-Infrastruktur die nötigen technischen Voraussetzungen erfüllt. Im Falle von VoIP sollte ein Schritt sein, die IP-Telefonie im eigenen Firmennetz zu priorisieren. Hierfür sollten alle Netzwerkkomponenten Quality of Service (QoS) unterstützen, um Sprachpakete bevorzugt und ohne zeitliche Verzögerung übertragen zu können. Zwischen verschiedenen Netzen, also auch zwischen Firmennetz und Internet, können Session Border Controller (SBC) den QoS-Status überwachen.

Was ist Quality of Service?

Mit Quality of Service (QoS) werden im Internet und anderen Netzwerken die Übertragungs- und Fehlerraten berechnet. Ziel ist es, die Übertragungsqualität zu verbessern und im Vorfeld zu garantieren. In der IP-Telefonie ist QoS von besonderer Bedeutung bei der zuverlässigen Übertragung von Audio- und Videodaten. Ohne QoS würden alle Datenpakete gleich behandelt. So könnte die fehlende Priorisierung zu Verzögerungen oder gar Datenverlust und folglich schlechter Übertragungsqualität führen.

Was ist ein Session Border Controller

Session Border Controller (SBC) werden an Netzwerkgrenzen (Borders) eingesetzt. Dort sorgen sie für die sichere Verbindung von internen und externen Netzen mit unterschiedlichen Sicherheitsanforderungen. Zudem kann ein SBC Sitzungen (Sessions) für den Aufbau, die Durchführung und den Abbau von Telefongesprächen konstituieren. Des Weiteren definiert und überwacht er Quality of Service (QoS) für die Datenübertragung und kann in den Sitzungen als Firewall agieren.

Bandbreite

Neben dem lokalen Netzwerk nutzt All-IP die Internetanbindung um Programme und Dienste standortübergreifend und ortsunabhängig bereitzustellen. Für einen reibungslosen Betrieb ist daher auch genügend Bandbreite erforderlich.

Für IP-Telefonie, hängt die benötigte Bandbreite vor allem davon ab, welche Codecs zur Übertragung eingesetzt werden. Zur Sicherheit sollte man den Bedarf lieber etwas höher einschätzen, von 80 bis 100 Kbit/s. Leider ist immer noch nicht überall schnelleres VDSL mit ausreichender Bandbreite verfügbar. Bei 100 Kbit/s wären aufgrund der niedrigeren Upload-Geschwindigkeit mit ADSL zunächst nur bis zu 10, bzw. bei Annex J maximal bis zu 28 parallele Gespräche möglich.

Bei diesen Zahlen ist allerdings zu beachten, dass sie sich alleine auf die IP-Telefonie beziehen. Der tatsächliche Bandbreitenbedarf hängt davon ab, welche weiteren IP-basierten Dienste eingesetzt werden. Weitere Faktoren sind z.B. die Anzahl der Mitarbeiter und Firmenstandorte, die sich zentral bereit gestellte Dienste teilen.

Sicherheit

Aufgrund der miteinander vernetzten Systeme und Rechnernetze sind IP-Sicherheit und Verschlüsselung komplexe und wichtige Themen. So unterstützen z.B. moderne IP-Telefonanlagen, IP-Telefone und Provider verschlüsselte Telefonie, doch können Gerätehersteller dies nur für ihre eigenen Geräte und Provider dies nur innerhalb ihrer eigenen Netze gewährleisten. In jedem Fall sollten Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, u.a. Firewall und verschlüsselte Telefonie umgesetzt werden und im Zweifelsfall Rücksprache mit Herstellern oder IT-Spezialisten geführt werden.

Auch die Funktionsfähigkeit sicherheitskritischer Dienste wie Notruf, Hausnotruf oder einer Alarmanlage sind zu überprüfen und sicherzustellen. Halten Sie im Zweifelsfall auch hier Rücksprache mit dem Hersteller.

Welche Vorteile bietet All-IP?

Einheitliche Standards

All-IP zeichnet sich dadurch aus, dass alle Dienste eine universelle Infrastruktur mit einem einheitlichen Protokoll nutzen. Für die Infrastruktur eines Unternehmen heißt das, dass alle Geräte und Dienste lediglich einen Anschluss an das lokale Netzwerk benötigen, um darüber angebotene Dienste nutzen zu können. Einheitliche Standards, wie das Internetprotokoll, führen sowohl zu einer schlankeren Infrastruktur, als auch zu einer einfacheren Administration über Web-basierte Nutzeroberflächen.

Schlanke IT und Prozesse

Mit IP-basierten Anschlüssen bietet diese Umstellung große Chancen für Unternehmen, Prozesse wesentlich effizienter zu gestalten und die unterschiedlichen Kommunikationswege miteinander zu vereinheitlichen.

Im Gegensatz zu einem analogem oder ISDN-Anschluss, wird z.B. kein Splitter für die Trennung der für Internet und Telefonie verwendeten Frequenzbereiche benötigt. Auch ein zusätzlicher ISDN-Anschluss wird nicht länger benötigt. Ein NTBA, das Netzabschlussgerät bei einem ISDN-Basisanschluss, und die gesonderte Verkabelung entfallen daher ebenfalls. Stattdessen kann ein IP-fähiger Router direkt mit der TAE-Dose und der DSL-Leitung verbunden werden.

Was ist TAE?

TAE steht für Telekommunikations-Anschluss-Einheit. Es handelt sich dabei um eine Anschlusstechnik für Endgeräte in der Telekommunikation. Endgeräte werden an ein VoIP-fähiges Kabelmodem oder den DSL-Router angebunden, welche wiederum an der TAE-Dose angebunden sind.

Kostenersparnis

Die einheitlichen Standards und die Integration von IT und TK können zu erheblichen Kostenersparnissen führen. Das kann sich unmittelbar bei Neuanschaffungen bemerkbar machen, aber auch, falls z.B. eine ISDN-Telefonanlage und bisherige Endgeräte ersetzt werden sollen. In der Regel sind virtuelle Lösungen und Dienste Hardware-unabhängig. Das heißt, dass die Server-Hardware und Endgeräte frei gewählt werden können und man nicht unbedingt auf teure Systemlösungen angewiesen ist.

Skalierbarkeit

Lizenzen dieser virtuellen Dienste und Produkte lassen sich, je nach Anbieter, auf die Anforderungen der Kunden anpassen und skalieren. So lassen sich z.B. bei SIP-Trunk-Anbietern beliebig viele Sprachkanäle und Rufnummern buchen. Für die Erweiterung bestehender Lizenzen oder Anschlüsse genügt oft ein Klick in der Weboberfläche des Anbieters oder ein Anruf.

Viele Telefonanbieter bieten zudem attraktive Komplettpakete inkl. SIP-Trunk, VDSL-Anschluss und Cloud-Telefonanlage aus einer Hand an. Da die Rufnummern nicht länger leitungsgebunden sind, können sie bei einer Rufnummernportierung mit wenig Aufwand zwischen den Anbietern übergeben werden.

Fazit

Einheitliche Standards

Die Vorteile von All-IP sind nicht von der Hand zu weisen. Doch trifft das auch für die Herausforderungen zu, die die zunehmende Verbreitung und Vernetzung IP-basierter Dienste mit sich bringt.

Die Vernetzung solcher Dienste ermöglicht eine effizientere Zusammenarbeit und eine bessere Skalierbarkeit für eine nachhaltige Investition. Auch stehen viel höhere Bandbreiten zur Verfügung, um einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten. Durch High-Definition-Voice haben Telefongespräche über das Internet eine hervorragende Sprachqualität. Doch gerade im ländlichen Raum besteht noch immer viel Nachholbedarf.

Auch sind eine sichere Stromversorgung und sicherheitskritische Dienste wie Notruf, Hausnotruf oder Alarmanlagen frühzeitig zu berücksichtigen, um einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten. Die Standortunabhängigkeit, die etwa bei Notrufen unbedingt zu berücksichtigen ist, kann wiederum von großem Vorteil bei der Anbindung von Heimbüros und mobilem Arbeiten sein.

In jedem Fall gilt es, sich über alle Aspekte dieser Technologien zu informieren. Wir hoffen, dass wir mit diesem Artikel einen Grundstein legen konnten und stehen bei Rückfragen gerne zur Verfügung.

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Stand: 12. August 2024